Verkehrszeichenpläne Hauptstraße geändert: Sicherheitsrisiken für Radfahrende steigen

Das Netzwerk fahrradfreundliches Tempelhof-Schöneberg macht auf Änderungen in den von infraVelo veröffentlichten Verkehrszeichenplänen aufmerksam.

Nach dem Baustart wurden die Pläne im März – ohne jegliche Ankündigung oder Erläuterung auf der Projektwebseite – aktualisiert. Diese nachträglichen Änderungen haben die allgemeine Situation für den Radverkehr verschlechtert.

Insbesondere wurden fast alle Aufstellflächen für den indirekt linksabbiegenden Radverkehr – Wartebereiche, die zur Sicherheit und Übersichtlichkeit beitragen – an mehreren Knoten aus den Plänen entfernt: konkret an der Kreuzung am U-Bahnhof Kleistpark, an der Kreuzung zur Akazienstraße sowie am Knoten Hauptstraße/Eisenacher Straße/Albertstraße. Die resultierende uneindeutige Verkehrsführung begünstigt die Entstehung von neuen Konfliktpunkten, erhöht das Unfallrisiko und gefährdet somit die Sicherheit der Radfahrenden.

Das ist insbesondere an der Kreuzung Hauptstraße/Akazienstraße der Fall. Hier soll jetzt weiterhin das problematische Geradeausfahrgebot fortgeschrieben werden.

So soll die Einmündung Akazienstraße/Hauptstraße nach der neuen Planung aussehen. Linksabbiegende Radfahrende kommen nicht mehr vor. Es fehlt der Aufstellbereich und die Radfurt. (Foto Quelle Google Streetview, eigene Visualisierung)

Bei der Akazienstraße handelt es sich um eine wichtige Geschäftsstraße. Sowohl die Hauptstraße als auch die Akazienstraße ist Teil des Radverkehrsnetzes, die Hauptstraße im Vorrangnetz, die Akazienstraße im Ergänzungsnetz. Wenn jetzt auf der Hauptstraße das Vorrangnetz errichtet wird, müssen auch die FAHRbeziehungen im Radverkehrsnetz errichtet werden. Ein Abbiegen in die Akazienstraße muss also auch aus Richtung Süden ermöglicht werden. Nach den zuletzt veröffentlichten Plänen sollen Radfahrende wie eh und je anhalten, um dann erst auf den Gehweg und dann über die Straße schieben. Das ist keine sinnvolle Lösung, sondern nur grotesk.

Die ursprüngliche Planung vom Oktober sah dagegen sowohl einen Wartebereich für das indirekte Abbiegen als auch eine markierte Querungsfurt vor:

So sollte die Einmündung Akazienstraße/Hauptstraße nach der alten Planung aussehen: Rechts im Bild ein klar markierter Aufstellbereich für linksabbiegene Radfahrende (aus der Hauptstraße in die Akazienstraße). In Bildmitte die Radfurt für linksabbiegende Radfahrende. (Foto Quelle Google Streetview, eigene Visualisierung)

Das Netzwerk fahrradfreundliches Tempelhof-Schöneberg fordert dringend, dass alle ursprünglich vorgesehenen Aufstellflächen für den linksabbiegenden Radverkehr doch umgesetzt werden: Sowohl am Kleistpark, an der Akazienstraße sowie an der Eisenacher/Albertstraße. Die Markierung an der Akazienstraße muss, wie ursprünglich vorgesehen, auf die Straße kommen. Dazu muss das Gebot zum Geradeausfahren auf der Hauptstraße (Z 209-30) mit dem Zusatzschild „Fahrräder frei“ ergänzt werden und es sollten so schnell wie möglich an neuralgischen Stellen die entsprechenden Fahrradampeln für das sichere Abbiegen nachgerüstet werden.

Update vom 12.05.2024:

Als Fortführung unseres obigen Beitrags möchten wir auf die jüngste Stellungnahme der Senatsverwaltung (SenMVKU) in Bezug auf unsere Forderung nach einer Rückkehr zu den ursprünglichen Planungen für den Radverkehr an der Hauptstraße eingehen:

Am 11.04.2024 sandten wir unsere Einwände per E-Mail an SenMVKU, Staatssekretärin Dr. Stutz, und erinnerten am 18.04.2024 ebenfalls per E-Mail an Dr. Stutz.

Trotz unserer direkten Kontaktaufnahme, hat der Senat es bisher nicht für nötig gehalten, auf die von uns vorgetragenen Probleme zu antworten. Erst durch den Verwaltungsweg und die Nachfrage des Bezirksamtes Tempelhof-Schöneberg kam es zu einer Stellungnahme.

In der Antwort an Dr. Saskia Ellenbeck, Bezirksstadträtin für Ordnung, Straßen, Grünflächen, Umwelt und Naturschutz, vom 23.04., welche uns im FahrRat geteilt wurde, betont der Senat, dass die derzeitige Signalisierung an der Lichtsignalanlage Hauptstraße/Akazienstraße nicht darauf ausgelegt sei, dass Radfahrer von der Hauptstraße nach links in die Akazienstraße abbiegen. Es wird argumentiert, dass ohne eine Anpassung der Lichtsignalanlage die Gefahr bestehe, dass der Radverkehr die parallelen Fußverkehrssignale falsch deutet und dadurch gefährdet wird. Deshalb seien noch Anpassungen an den Lichtsignalanlagen geplant, um den linksabbiegenden Radverkehr angemessen zu berücksichtigen.

Wir möchten dieser Stellungnahme entgegensetzen:

  1. Das fachliche Argument des Senats, dass die Lichtsignalanlagen missverständlich für Radfahrer seien und deshalb umgebaut werden müssten, ist unserer Ansicht nach nicht zutreffend. Die Fußgängerampeln für die Querung der Hauptstraße sind auch für Radfahrer geeignet und erzeugen keine Probleme. Gleiches gilt für die Fußgängerampel an der Querung der Akazienstraße. Diese Ampel zeigt Rot, wenn Radfahrer aus der Hauptstraße (Süden) links abbiegen und auf die Freigabe der Fußgängerampel in der Hauptstraße warten.
  2. In diesem Zusammenhang möchten wir auf die Stellungnahme der TU Berlin vom 12.07.2023 zur ursprünglichen Anordnung aus dem März 2023 hinweisen. Die TU Berlin hob hervor, dass aus Sicht aktueller Forschungsergebnisse keine Sicherheitsmängel erkennbar waren. Die meisten in der Planung vorgesehenen Änderungen seien als positiv für die subjektive und objektive Sicherheit aller Verkehrsteilnehmenden zu bewerten gewesen. Insbesondere für den Fußverkehr seien keine negativen sicherheitsrelevanten Auswirkungen erkennbar gewesen. Die ursprüngliche Anordnung trennte Rad-, Bus- und Autoverkehr, vermied Konflikte zwischen den Verkehrsteilnehmern und sicherte den Verkehrsfluss.

Wir fordern daher erneut den Senat auf, unsere Anliegen ernst zu nehmen und die notwendigen Schritte zur Verbesserung der Situation im Radverkehr an der Hauptstraße einzuleiten.