Te-Damm: Mehr Unfälle durch Radweg?

Seit Ende letzten Jahres ist der Radweg am Tempelhofer Damm endlich (fast) vollständig fertig. Die Umsetzung des Radweges an der südlichen Verlängerung, dem Mariendorfer Damm, hat begonnen und schreitet langsam aber sicher voran. 

Nun gibt es etwas Unruhe auf Grund einer Anfrage des CDU-Abgeordneten Christian Zander und der Antwort der Senatsverwaltung. Berichte im Tagesspiegel und der Berliner Morgenpost legen nahe: die Einrichtung der Radspur habe sich negativ auf die Verkehrsführung ausgewirkt und könnte zur Erhöhung der Unfallzahlen beigetragen haben. Was ist da dran? Wir haben mal nachgecheckt.

Schon die erste Frage hat es in sich: „Was hat dazu geführt, dass die Unfallzahlen (von BVG-Bussen) auf dem Tempelhofer Damm in 2021 und 2022 signifikant höher waren als 2020?“ 

Die Antwort der Senatsverwaltung ist etwas wirr: „2021 wurde für den Schienenersatzverkehr der U6 ein Radfahrstreifen eingerichtet, der für BVG-Busse freigegeben war.“ Soweit richtig. Dass aber „ein Fahrstreifen für den motorisierten Individualverkehr weggefallen“ sei, ist falsch. Denn die Rad-/Busspur wurde am rechten Fahrbahnrand eingerichtet, dort wo ehemals Autos parkten. Für den Autoverkehr blieben also weiterhin zwei Fahrspuren je Richtung.

Die nächste Frage bringt dann aber die ganze Wahrheit auf den Tisch: es gab in den Jahren 2020 bis 2022 zwar insgesamt 21 Vorfälle mit Bussen, diese passierten aber fast allesamt nördlich(!) von Alt-Tempelhof. Nur ein einziger Vorfall (in drei Jahren!) fand an der Ordensmeisterstraße statt, und zwar mit einem Bus des Schienenersatzverkehrs. Der Bereich des neuen Radweges war also praktisch nicht betroffen. Der Radweg konnte deshalb auch nicht die Ursache für die Unfälle mit BVG-Bussen sein. Der Grund für die ungewöhnlich hohe Anzahl von Vorfällen mit BVG-Bussen ist einfach darauf zurückzuführen, dass für begrenzte Zeit eine erhebliche Anzahl von Bussen für den Schienenersatzverkehr der U6 auf dem gesamten Tempelhofer Damm unterwegs war.

Die weiteren Fragen beziehen sich auf die Anzahl der Unfälle auf dem Tempelhofer Damm in den Jahren ab 2019. Wieviele Lkw und Pkw waren beteiligt? Wieviel Radfahrer und Fußgänger? Die Zahlen in den Antworten machen klar, dass es hier KEINE signifikante Zunahme gibt. Vielmehr sind die Zahlen nach der Corona-Delle wieder ungefähr auf dem Stand von 2019. 

Völlig unberücksichtigt blieb die Tatsache, dass mit den Radwegen die Straße praktisch erst für der Radverkehr geöffnet wurde und deshalb auch sehr viel mehr Menschen mit dem Rad fahren. Nach einer Studie der DUH hat der Radverkehr schon in 2021 um über 60 Prozent zugenommen! Wenn trotz viel mehr Radverkehr die Unfallzahlen gleich bleiben, dann ist das Unfallrisiko für den Einzelnen deutlich gesunken!

Auch die Tatsache, dass es auf dem Tempelhofer Damm mehrere Baustellen gab und gibt, findet keine Erwähnung. Allein zwischen Ullsteinstraße und Alt-Tempelhof behindern momentan vier Baustellen den Verkehr. Die Sicherheit wird durch andauernde Spurwechsel auch nicht grade verbessert, sowohl für Auto- als auch für Radfahrende, wie die schwankenden Unfallzahlen ja auch zeigen. Wenn die Baustellen beendet sind, ist ein weiterer Rückgang der Unfallzahlen zu erwarten.

Auch für den Mariendorfer Damm wurden Zahlen zu Unfällen und Unfallbeteiligten abgefragt. Hier bietet sich das gleiche Bild: keine eindeutige Zunahme. Zumal dort ja auch eine besondere Situation herrscht. Durch Asbestfunde stockten die Bauarbeiten für den Radweg, außerdem verzögerten langwierige Leitungsarbeiten der Wasserbetriebe den Bau. Durch die gelben Markierungen und viele Spurwechsel auf Grund der Bauarbeiten wurde die Situation zusätzlich verschärft. Eine klare Spurführung und die Protektion des Radweges werden dort aber zukünftig für Sicherheit sorgen. Die Bauarbeiten für den Radweg werden hoffentlich dieses Jahr abgeschlossen sein.

Fazit: die eingangs erwähnten Vermutungen, die Öffnung des Tempelhofer Damms für den Radverkehr verursache mehr Unfälle, lassen sich nicht belegen. Viel deutlicher sind Ausnahmeeffekte durch die Corona-Pandemie zu sehen: durch weniger Autoverkehr gab es weniger Unfälle. Wäre die CDU also an mehr Verkehrssicherheit interessiert, sollte sie alles daran setzen, den Autoverkehr deutlich zu reduzieren!

Insgesamt entwickelt sich die Situation in eine gute Richtung. Die Menschen haben sich an den Wegfall der Parkplätze gewöhnt, größere Proteste blieben aus. Die neue Parkraumbewirtschaftung trägt zusätzlich zur Beruhigung der Situation bei. Der Lieferverkehr am Tempelhofer Damm funktioniert im wesentlichen, die meisten Ladenbesitzer sind zufrieden. Die Luft ist besser geworden und der Anteil der Radfahrenden deutlich gestiegen, auch Kinder und Ältere trauen sich jetzt dort zu fahren. Der Sprecher der Unternehmerinitiative UIT hat bestätigt, dass die Gewerbetreibenden am T-Damm jetzt merken, dass viel mehr Kunden mit dem Fahrrad kommen. Und nun fordern sie, dass mehr Fahrradstellplätze eingerichtet werden sollen.