Verkehrssicherheit und Bürgerbeteiligung ernst nehmen statt populistische Verantwortungslosigkeit

Berlin, 05.02.2021. Das Netzwerk Fahrradfreundliches Tempelhof-Schöneberg kritisiert die CDU Fraktion Tempelhof-Schöneberg für gefährliches Auspuffdenken. Die Ablehnung von Radwegen ignoriere die erhebliche Unfallgefahr. Das Netzwerk erinnert die CDU an ihr gegenteiliges Abstimmungsverhalten vor drei Jahren und fordert Respekt für Beteiligungsprozesse ein.

Die CDU-Fraktion sah in einer Pressemitteilung vom 1. Februar keine Notwendigkeit für sichere Radwege am Tempelhofer Damm. Das Netzwerk Fahrradfreundliches Tempelhof-Schöneberg widerspricht deutlich und verweist auf eine schriftliche Anfrage des Abgeordneten Philipp Bertram (Die Linke). Demnach gab es auf dem Tempelhofer Damm allein in den drei Jahren zwischen Oktober 2017 und September 2020 37 Unfälle von Menschen auf dem Fahrrad. 20 Personen wurden leicht und eine Person schwer verletzt. Hinzu kommen unzählige gefährliche Situationen, die in keiner Statistik auftauchen.

„Wer hier sichere Radwege ablehnt, nimmt weitere Unfälle billigend in Kauf. Will die CDU mit dieser populistischen Verantwortungslosigkeit wirklich die Verantwortung für weitere Verletzungen tragen?“, fragt sich Norbert Michalke vom Netzwerk.

Gemäß Mobilitätsgesetz sind sichere Radverkehrsanlagen an allen Hauptverkehrsstraßen vorgeschrieben.

Die Fahrradinitiative erinnert an das langjährige Beteiligungsverfahren, dass auf Beschlüssen der Bezirksverordnetenversammlung im Sommer 2017 zurück geht. So beschloss das Bezirksparlament damals mit den Stimmen der CDU, dass „zur Radverkehrsanlage auf dem Tempelhofer Damm im Bereich des Einzelhandelsstandortes eine differenzierte Planung“ unter Einbeziehung aller örtlichen Interessengruppen erfolgen solle. Auf die grundsätzliche Ablehnung der Radwege am Ende dieses Planungs- und Beteiligungsverfahren reagiert das Netzwerk irritiert. Es erinnert zudem an die 2000 Menschen, die diesen Radweg mit einem Einwohnerantrag ins Rollen gebracht haben.

„Erst eine Bürgerbeteiligung beschließen, dann in den drei Jahren der intensiven Diskussion stumm bleiben und am Ende „April! April!“ rufen, das ist eine Frechheit gegenüber allen Beteiligten. Wo blieben die konstruktiven Vorschläge der CDU für mehr Verkehrssicherheit und für eine Aufwertung des Handelsstandorts? Wir erwarten mehr Respekt für bürgerschaftliches Engagement und für direktdemokratische Initiativen“, fordert Stefan Meißner, der den Einwohnerantrag in der BVV eingebracht hatte.

Die jetzt vorliegende Planung spiegelt zudem 1:1 den Vorschlag des verkehrspolitischen Sprechers der CDU im Abgeordnetenhaus Oliver Friederici wieder, der 2017 selbst vorschlug: “Der Tempelhofer Damm, da müssten Sie höchstens Parkverbote in die Nord- und Südrichtung anordnen. Dann können Sie übrigens problemlos eine Fahrradspur, eine Fahrradspur anlegen.“

Das Netzwerk erinnert auch an die wirtschaftliche Bedeutung der Radwege. Nach der Untersuchung des Bezirksamts werden die heutigen Parkplätze oft von Anwohnenden und Beschäftigten genutzt.

„Diese Autostellflächen blockieren die Erreichbarkeit der Läden, die gerade jetzt auf jeden Kunden angewiesen sind“, ergänzt Stefan Meißner. 

Weitere Informationen:

Offener Brief an die CDU-Fraktion Tempelhof-Schöneberg:

Pressemitteilung der CDU: 

https://www.cdu-fraktion-tempelhof-schoeneberg.de/aktuelles/fahrradspuren-am-tempelhofer-damm-und-geplante-parkraumbewirtschaftung/

Drucksache 0261/XX vom 19.97.2017, der die CDU zustimmte:

https://www.berlin.de/ba-tempelhof-schoeneberg/politik-und-verwaltung/bezirksverordnetenversammlung/online/vo020.asp?VOLFDNR=6095 (im Text unten nach 0261 suchen!)

Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Philipp Bertram (Die Linke):

https://pardok.parlament-berlin.de/starweb/adis/citat/VT/18/SchrAnfr/S18-25746.pdf

Untersuchung der Parkplatznutzung:

https://meinberlin-media.liqd.net/uploads/die_raumplaner/2020/11/06/2020-11-04_prasentation-infova-tedamm_g5Zkgpn.pdf (S. 46)